Den Königsweg zum Autorendasein gibt es nicht. Die Wege sind so vielfältig wie es die Bücher sind, die wöchentlich, ja sogar täglich erscheinen. Und sie werden immer vielfältiger, denn seit es die Möglichkeit des Selfpublishings gibt, sprießen auch die Angebote rund um das Schreiben und Veröffentlichen wie Pilze aus dem Boden.
Jeder, der Lust dazu hat, kann ein Buch schreiben und es auch veröffentlichen. Es hat sich jedoch herumgesprochen, dass es nicht ganz einfach ist, ein Buch zu schreiben. Hilfe dabei versprechen Schreibschulen und -kurse, Schreibratgeber und -gruppen. Es kommt sicher nicht von ungefähr, dass im Wintersemester 2017/2018 an der Kunsthochschule für Medien in Köln der neue Studiengang „Literarisches Schreiben“ aus der Taufe gehoben wurde. Und das ist gut so!
Als ich mich das erste Mal ernsthaft mit dem Schreiben auseinandergesetzt habe, gab es den Volkshochschulkurs in meiner Stadt. Bestimmt hätte ich noch andere Angebote gefunden, wenn ich mir ein bisschen Mühe mit der Suche gegeben hätte. Aber ich hätte mich eben bemühen müssen. Heute gehe ich keine zehn Meter, ohne dass mir ein Werbeplakat an irgendeiner Bushaltestelle entgegenruft: Schreib dein Buch!
Ich gebe es zu. Ich bin diesem Ruf gefolgt. Ich habe eine 3jährige „Autorenausbildung“ bei einer kommerziellen Autorenschule absolviert. Jetzt werde ich natürlich oft mit kaum verhohlener Skepsis gefragt: Bringt das denn was? Die Meinung, dass man das Schreiben nicht lernen müsse, dass es uns sozusagen als gottgegebene Fähigkeit in die Wiege gelegt wird, oder eben nicht, ist in Deutschland weit verbreitet. Und damit auch die Meinung, dass eine teure Autorenschule zum Fenster hinaus geworfenes Geld ist.
Auch ich dachte lange Zeit so. Um Romane schreiben zu können, so dachte ich (und ich meine jetzt richtig gute Romane, Geschichten, die einen mitreißen und die Welt um uns versinken lassen), dazu muss man ein richtiges Genie sein.
Ergebnis war: Ich habe nicht geschrieben, obwohl ich mir seit meiner Grundschulzeit nichts Schöneres, nichts Erstrebenswerteres vorstellen konnte, als Schriftstellerin zu sein.
Geschichten schreiben wird nur der, der sich irgendwann einfach hinsetzt und es tut. Man kann ein Leben lang davon träumen, ein Buch schreiben zu wollen – wenn man nicht irgendwann den ersten Satz schreibt, wird es ein Traum bleiben. Die Hürde aber, den ersten Satz eines Buches zu schreiben ist hoch. Wie soll er lauten? Warum so und nicht anders? Es könnte tausend Möglichkeiten geben, diesen ersten Satz zu schreiben. Und wenn ich nicht weiß, wie der nächste aussehen soll, kann ich den davor auch nicht schreiben.
Es ist klar, was das bedeutet. Um ein Buch schreiben zu können, muss auch das noch so talentierteste Genie wissen, wie es geht. Natürlich kann man sich viel abgucken, indem man regalweise Weltliteratur verschlingt. Ich habe das getan, jahrelang. Ich habe sogar Weltliteratur übersetzt (im Studium, danach war es keine Weltliteratur mehr) und trotzdem wusste ich nicht, wie man es macht.
Bis ich dann diese Autorenausbildung angefangen habe und zum ersten Mal erfuhr: Schreiben ist Handwerk. Es gibt Techniken, die uns helfen, zu diesem berühmten ersten Satz des ersten Buches zu kommen. Und diese Techniken kann man lernen.
Und genau das ist der Punkt! Vielleicht kann eine Autorenschule aus einem hoffnungslos unbegabten, phantasielosen Menschen keinen Autoren machen (lassen wir die Tatsache, dass sich so jemand nur sehr selten zu einer Autorenausbildung anmelden wird, beiseite), aber sie kann den Weg bereiten für die Menschen, die heimlich davon träumen zu schreiben, weil sie Geschichten lieben, weil sie lesen, lesen, lesen, um ihre Phantasie zu füttern, weil sie es eigentlich schon immer tun wollten und sich nur nicht trauten. Und die über das Alter, ein Vollstudium an einer Hochschule zu beginnen, längst raus sind.
Autorenschulen sind kein Garant für eine Autorenkarriere. Sie sind nicht einmal ein Garant dafür, gute Texte zu schreiben. Aber Menschen, die vielleicht gute Texte schreiben könnten, wenn sie wüssten wie, werden sie helfen, diese Texte tatsächlich auch zu schreiben. Und genau deshalb brauchen wir diese Autorenschulen.
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Rüdiger Spormann (Montag, 18 Februar 2019 05:04)
Dem stimme ich zu.